Validation vs Calibration Manager: Warum sind es unterschiedliche Rollen?

Validation und Calibration Manager: Die zwei Säulen der GMP-Qualität

Einleitung: Mehr als nur „Validierung“

Im komplexen Ökosystem eines Pharmaunternehmens ist die Gewährleistung der Produktqualität kein einmaliger Akt, sondern ein fortlaufender Prozess. Die GMP-Richtlinien (Good Manufacturing Practices) verlangen eine strenge Kontrolle über alle Aspekte, die die Sicherheit und Wirksamkeit eines Arzneimittels beeinflussen können. In diesem Zusammenhang werden Begriffe wie Validierung und Kalibrierung häufig verwendet – jedoch nicht immer in ihrer tatsächlichen strategischen Bedeutung verstanden.

Viele Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere, neigen dazu, diese Funktionen zu vermischen. Das moderne pharmazeutische Qualitätssystem, wie in Annex 15 (Qualification and Validation) und ICH Q7 (GMP for APIs) beschrieben, verlangt jedoch eine klare, aber synergetische Trennung.

Es gibt zwei Schlüsselrollen, die diese Prozesse steuern: den Validation Manager und den Calibration Manager. Beide verfolgen dasselbe Ziel – Compliance und Prozessstabilität –, doch ihre Schwerpunkte, Werkzeuge und täglichen Verantwortlichkeiten unterscheiden sich grundlegend. Zu verstehen, wer was tut (und warum sie zusammenarbeiten müssen), ist der erste Schritt zu einem auditfesten Qualitätssystem.


Der Prozessregisseur: Wer ist der Validation Manager?

Der Validation Manager ist gewissermaßen der „Regisseur“ des Validierungsprogramms. Seine Hauptaufgabe besteht darin, den dokumentierten Nachweis zu erbringen, dass ein Prozess, ein Verfahren oder ein System konsistent Ergebnisse liefert, die den vordefinierten Anforderungen entsprechen.

Seine Arbeit geht weit über Testdurchführungen hinaus – er definiert die Strategie (das Was, Wann und Warum) aller Qualifizierungs- und Validierungsaktivitäten.

Zentrale Verantwortlichkeiten (laut Annex 15 und ICH):

  • Strategiedefinition (VMP): Das Herzstück ist der Validation Master Plan (VMP). Gemäß Annex 15 ist der VMP kein einfaches Verzeichnis, sondern das strategische Dokument, das die Unternehmenspolitik, Organisation, zu validierenden Anlagen/Prozesse, Change-Control-Verfahren und Requalifizierungsstrategie festlegt – der erste Punkt, den ein Inspektor sehen möchte.

  • Anlagenqualifizierung (IQ/OQ/PQ): Überwacht die Qualifizierung neuer Geräte.

    • Installation Qualification (IQ): Ist die Anlage korrekt installiert (Materialien, Dokumentation, Anschlüsse)?

    • Operational Qualification (OQ): Funktioniert sie wie vorgesehen (Alarme, Betriebsbereiche, Sicherheitsfunktionen)?

    • Performance Qualification (PQ): Erbringt sie akzeptable Ergebnisse unter realen Bedingungen (z. B. drei aufeinanderfolgende konforme Chargen)?

  • Prozessvalidierung: Beweist, dass Produktionsprozesse (z. B. Granulation, Tablettierung, aseptische Abfüllung) robust und reproduzierbar sind.

  • Validierung analytischer Methoden (ICH Q2): Gemeinsam mit dem QC stellt er sicher, dass analytische Methoden (z. B. HPLC) genau, präzise und spezifisch sind.

  • Computerized System Validation (CSV): Ein zunehmend kritisches Feld. Gemäß Annex 11 und GAMP 5 stellt der Validation Manager sicher, dass computergestützte Systeme (PLC, SCADA, LIMS, ERP) validiert sind – eine Grundvoraussetzung für Data Integrity.

  • Change Control: Bewertet Änderungen und entscheidet, ob eine Revalidierung erforderlich ist.

Kurz gesagt: Der Validation Manager ist verantwortlich für den Prozess und seine Gesamtleistung.


Der Garant der Messgenauigkeit: Wer ist der Calibration Manager?

Wenn der Validation Manager der Regisseur ist, dann ist der Calibration Manager der Garant dafür, dass alle „Darsteller“ (Messgeräte) ihre Rolle korrekt spielen. Seine Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass jedes kritische Messinstrument präzise und zuverlässig arbeitet.

Eine Prozessvalidierung, die auf einem Temperaturfühler basiert, der um 2 °C falsch misst, ist keine Validierung – sondern ein potenzielles Risiko. Die Vorschriften (EU GMP Kapitel 3, 21 CFR 211.68, ICH Q7) sind eindeutig: kritische Instrumente müssen in definierten Intervallen kalibriert werden.

Zentrale Verantwortlichkeiten (laut GMP und ISO 17025):

  • Kalibrierungsplan: Das Pendant zum VMP. Erfasst alle GMP-relevanten Instrumente, bewertet ihre Kritikalität (kritisch/nicht kritisch) und legt die Kalibrierungsfrequenzen fest.

  • Durchführung der Kalibrierungen: Organisation interner (mit rückführbaren Referenzen) oder externer (ISO 17025-akkreditierte Labore) Kalibrierungen.

  • Dokumentenmanagement: Überprüfung, Archivierung und Rückverfolgbarkeit aller Kalibrierzertifikate.

  • Anomalienmanagement (OOT): Die kritischste Aufgabe. Wenn ein Instrument Out of Tolerance (OOT) ist, muss sofort reagiert werden.

  • Statuskennzeichnung: Jedes Instrument muss eindeutig gekennzeichnet sein (Kalibrierdatum, Ablauf, ID).

Der Calibration Manager sorgt für die Genauigkeit der Instrumente.


Der häufigste Fehler: Wenn beide Rollen isoliert arbeiten

Der größte Fehler besteht darin, diese beiden Funktionen als getrennte Silos zu behandeln.

Risikobeispiel (realer Fall):

  • Januar: Der Validation Manager validiert einen neuen Reaktor (PQ). Drei Chargen – alle erfolgreich.

  • Februar: Der Calibration Manager kalibriert den Temperatursensor desselben Reaktors.

  • Ergebnis: Sensor ist OOT – misst 1,5 °C zu niedrig.

  • Konsequenz: Die validierten Chargen, die angeblich bei 80 °C hergestellt wurden, wurden tatsächlich bei 81,5 °C produziert – möglicherweise außerhalb der Spezifikation.

  • Folge: Die Validierung ist ungültig, und die betroffenen Chargen sind potenziell kompromittiert.


Die Lösung: Integration von VMP und Kalibrierungsplan

Nur durch enge Zusammenarbeit lässt sich dieses Risiko vermeiden. Der Validation und der Calibration Manager müssen als ein Team agieren:

  • Vor der Validierung: Alle Instrumente müssen eine gültige Kalibrierung aufweisen – dies ist ein verpflichtendes IQ/OQ/PQ-Voraussetzungskriterium.

  • Bei OOT-Fällen: Der Calibration Manager muss sofort den Validation Manager (und QA) informieren, um den Einfluss auf den Validierungsstatus zu bewerten.

  • Im Change Control: Änderungen im Prozess (z. B. Parameteranpassungen) müssen gemeinsam auf ihre messtechnischen Auswirkungen geprüft werden.


Karriereperspektive: Warum diese Unterscheidung entscheidend ist

Für QA-, QC- oder Validierungsprofis ist das Verständnis beider Disziplinen ein strategischer Vorteil. Ein Validation Expert, der metrologisches Wissen (ISO 17025, Messunsicherheit) besitzt – oder ein Calibration Expert, der die VMP-Strategie (Annex 15, risk-based approach) versteht –, entwickelt sich vom Ausführenden zum Qualitätsstrategen.


FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Validierung und Kalibrierung

F1: Wer legt die Kalibrierfrequenz fest?
→ Der Calibration Manager, basierend auf einer Risikobewertung, Stabilitätsdaten und Herstellerempfehlungen, in Abstimmung mit QA.

F2: Was ist wichtiger – VMP oder Kalibrierungsplan?
→ Beide sind essenziell und voneinander abhängig: Der VMP definiert die Prozessstrategie, die Kalibrierung garantiert deren Genauigkeit.

F3: Bedeutet ein OOT immer, dass Chargen verworfen werden müssen?
→ Nicht zwingend, aber eine sofortige Abweichungsuntersuchung ist erforderlich. Der QA/QP entscheidet nach Bewertung des Risikos.

F4: Wer ist für IQ/OQ/PQ verantwortlich – Validation oder Calibration Manager?
→ Der Validation Manager. Allerdings ist die Kalibrierung der eingesetzten Instrumente ein zwingender Bestandteil dieser Qualifizierungsphasen und wird vom Calibration Manager unterstützt.


Fazit

Validation Manager und Calibration Manager sind keine austauschbaren Rollen.
Der eine validiert den Prozess, der andere kalibriert die Instrumente – doch keiner kann ohne den anderen bestehen.

Ihre Synergie, formalisiert durch die Abstimmung von VMP und Kalibrierungsplänen, ist die Grundlage für dauerhafte Compliance und ein robustes „State of Validation“.

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