Pharmazeutische Regulatorische Konformität: Leitfaden zu Inspektionen (EMA/FDA)
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Regulatorische Compliance und Inspektionen: Der (Vermeidbare) Albtraum der RA-Abteilung
Über die Zulassung hinaus: Die laufende Überwachung
Für viele Personen außerhalb des Sektors endet die Arbeit der Abteilung Regulatory Affairs (RA), sobald die Zulassung (AIC/MA) erteilt wurde. Das ist ein schwerwiegender Irrtum. Die Zulassung ist nur die „Erlaubnis zu beginnen“; die eigentliche Compliance-Arbeit dauert über den gesamten Lebenszyklus des Produkts hinweg. Die Aufsichtsbehörden (EMA, FDA, AIFA) beschränken sich nicht auf die Bewertung von Zulassungsunterlagen – sie inspizieren, überwachen und sanktionieren.
Die RA-Funktion ist der Garant für die kontinuierliche (post-marketing) Compliance und der primäre Ansprechpartner während aller Inspektionen, die das Zulassungsdossier betreffen. Ein Fehler im Labeling, ein unzureichendes Management von Sicherheitsdaten oder eine Diskrepanz zwischen dem Genehmigten und dem tatsächlich Produzierten (durch QA entdeckt) kann katastrophale Folgen haben: von Chargenrückrufen bis hin zur Aussetzung der Zulassung.
Dieser Artikel konzentriert sich darauf, wie die RA-Funktion Audit-Readiness in den kritischsten Bereichen nach der Zulassung sicherstellt: Labeling und Pharmakovigilanz.
Was Inspektoren Suchen: Reale Fälle und Risikobereiche
Regulatorische Inspektionen sind kein Rätsel. Die Behörden fokussieren sich auf jene Bereiche, in denen das Patientenrisiko am höchsten ist. Die operative Anleitung von GuideGxP.com hebt mehrere reale Fälle hervor, die als Warnung dienen.
Kritischer Befund 1: Unzuverlässige klinische Daten
Eine Behörde (z. B. EMA oder AIFA) kann eine Zulassung aussetzen, wenn Zweifel an der Validität der klinischen Daten (GCP oder Bioäquivalenz) bestehen.
Was der Inspektor sucht:
Kohärenz zwischen Rohdaten (CRF) und den finalen Berichten (CSR) im Modul 5; GCP-Compliance der Studienzentren.
Rolle der RA:
Während der Due-Diligence bei der Dossiererstellung muss die RA die Qualität und Integrität der vom klinischen Bereich oder der CRO gelieferten Daten sicherstellen. Entstehen Zweifel nach der Zulassung, muss RA die proaktive Kommunikation mit der Behörde steuern.
Kritischer Befund 2: Labeling-Non-Compliance
Wahrscheinlich der häufigste und sichtbarste Fehler im Post-Marketing. Eine Packungsbeilage (FI) oder Fachinformation (RCP/SmPC), die nicht mit den neuesten Sicherheitsinformationen aktualisiert wurde, stellt eine schwere Abweichung dar.
Was der Inspektor sucht:
Abweichungen zwischen der genehmigten SmPC/FI und der aktuell im Markt befindlichen Version. Implementierungszeiten für Safety-Variationen (z. B. Hinzufügen eines Warnhinweises).
Rolle der RA:
Die RA muss ein lückenloses Tracking-System für die Umsetzung aktualisierter Labeling-Texte haben und mit QA und Supply Chain die Entsorgung alter Bestände koordinieren.
Audit-Readiness im Labeling: Mehr als nur Übersetzen
Die Verwaltung des Labelings (SmPC, FI, Etiketten) ist eine Tätigkeit mit extrem hohem regulatorischem Risiko. Fehler im Labeling gehören weltweit zu den häufigsten Gründen für Chargenrückrufe.
Der Prozess der Erstellung und Genehmigung
RA übersetzt nicht nur. Der korrekte Prozess umfasst:
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Erstellung (Drafting): Verfassen der Texte auf Grundlage der Module 2, 4 und 5, unter Anwendung der offiziellen Templates (z. B. QRD in Europa).
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Verhandlung: Während der Dossierprüfung verhandelt RA mit der Behörde Wort für Wort der SmPC, um ein Gleichgewicht zwischen wissenschaftlicher Genauigkeit und Verständlichkeit zu erreichen.
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Sprachliche Validierung (EU): Nach Genehmigung der englischen Fassung (im CP-Verfahren) koordiniert RA die Übersetzung und Prüfung durch alle Mitgliedstaaten.
Der „Lifecycle“ des Labelings: Kontinuierliche Aktualisierung
Labeling-Dokumente sind „lebendige“ Dokumente. Die RA muss deren Aktualisierung steuern, insbesondere aufgrund von:
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Neuen Sicherheitsinformationen: Aus der Pharmakovigilanz; häufig dringliche Safety-Variationen.
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Neuen Indikationen: Erweiterungen auf neue Populationen oder Anwendungsgebiete.
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Administrativen/Qualitätsänderungen: Wechsel des Zulassungsinhabers, zusätzlicher Herstellungsstandort usw.
Typischer Fehler vs. Korrekturmaßnahme (Labeling)
Fehler:
Das Unternehmen führt eine Herstellungsänderung durch (z. B. neues Hilfsmittel), QA verwaltet sie, aber RA „vergisst“, Abschnitt 6.1 der SmPC zu aktualisieren.
Korrekturmaßnahme:
Das Change-Control-System muss RA als obligatorischen Genehmiger für jegliche Qualitäts- (CMC), klinische oder sicherheitsbezogene Änderungen vorsehen, um Auswirkungen auf das Dossier und das Labeling zu bewerten.
Audit-Readiness in der Pharmakovigilanz (PV): Die Unterstützung durch RA
Auch wenn Pharmakovigilanz oft eine eigene Abteilung ist, bleibt RA der operative Arm für die Einreichung regulatorischer Sicherheitsdokumente. Eine GVP-Inspektion wird zwangsläufig Dokumente prüfen, die durch RA verwaltet werden.
Der Risk Management Plan (RMP)
In der EU für jede neue Zulassung verpflichtend. Der RMP ist ein strategisches Dokument, das bekannte und potenzielle Risiken sowie Maßnahmen zu ihrer Minimierung beschreibt.
Was der Inspektor sucht:
Dass der RMP aktuell ist und Maßnahmen zur Risikominimierung (z. B. Schulungsmaterialien) implementiert und wirksam sind.
Rolle der RA:
RA erstellt und reicht den RMP ein (basierend auf Inputs von PV und Klinik) und verhandelt dessen Inhalt mit der Behörde (PRAC bei EMA).
Periodische Sicherheitsberichte (PSUR/PBRER)
Sie sind die „Wartungsinspektionen“ der Sicherheit eines Arzneimittels und müssen regelmäßig eingereicht werden.
Was der Inspektor sucht:
Dass PSUR fristgerecht eingereicht wurden (gemäß EURD-Liste) und dass daraus resultierende Schlussfolgerungen (z. B. „neues identifiziertes Risiko“) in konkrete regulatorische Maßnahmen umgesetzt wurden (z. B. eine Variation zur Aktualisierung der SmPC).
Rolle der RA:
RA verwaltet die formale Einreichung (PSUR Repository) und vor allem die Folgeprozesse (Variations), die sich aus den PSUR-Ergebnissen ergeben.
Fazit: Compliance als Aktiver Prozess
Regulatorische Compliance ist kein passiver Zustand, sondern ein dynamischer Prozess aus Überwachung, Aktualisierung und Kommunikation. Die RA-Funktion ist der Dreh- und Angelpunkt dieses Prozesses und stellt die Konsistenz zwischen dem genehmigten Dossier und der Realität des Produkts im Markt sicher. Audit-Readiness bedeutet nicht „kurz vor der Inspektion aufräumen“, sondern jeden Tag Labeling, Variationen und Sicherheitsdokumente korrekt zu steuern.
Um dein Unternehmen audit-ready zu halten und die komplexen Interaktionen zwischen RA, QA und PV zu managen, bietet der „Vollständige Leitfaden zu Regulatory Affairs“ von GuideGxP.com alle notwendigen Tools und Praxisfälle.
