QP und Arzneimittelimport: Risikomanagement und globale Lieferkette steuern
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QP, globale Lieferkette und Inspektionen: Risikomanagement und Outsourcing steuern
Einleitung: Verantwortung über die Unternehmensgrenzen hinaus
In der modernen pharmazeutischen Industrie wird immer seltener vollständig „in-house“ produziert. Die Lieferkette ist global: Der Wirkstoff (API) kommt aus China oder Indien, die Formulierung (Bulk) wird von einem Lohnhersteller (CMO) in Deutschland durchgeführt, und das Sekundärverpacken erfolgt in Italien.
Für die Qualified Person (QP) stellt dieses Szenario eine der größten Herausforderungen dar. Das Gesetz (Richtlinie 2001/83/EG und Annex 16) ist eindeutig: Die QP, die die fertige Charge zertifiziert, ist für die gesamte Lieferkette verantwortlich – auch für Phasen, die sie physisch nie gesehen hat.
Die Inspektoren (EMA, AIFA, FDA) wissen das, und bei GMP-Inspektionen stehen Outsourcing und Importmanagement im Mittelpunkt. Wie kann eine QP audit-ready sein, wenn sie auch für einen Lieferanten 10.000 km entfernt verantwortlich ist?
Was Inspektoren prüfen: Das Management der Lieferkette
Wenn ein Inspektor die QP bewertet, beschränkt er sich nicht auf die Batch Records; er prüft, wie die QP das kontrolliert, was sie nicht sieht.
Kritischer Befund 1: API von nicht qualifizierten Lieferanten.
Der Inspektor stellt fest, dass der verwendete API von einem nicht qualifizierten – oder schlimmer – einem nicht im Dossier angegebenen Lieferanten stammt. Dies ist ein critical finding, das zur Aussetzung der Herstellungserlaubnis führen kann. Die QP hat ihre Pflicht zur Verifizierung verletzt.
Kritischer Befund 2: Fehlendes Re-Testing (Import).
Ein Arzneimittel wird aus einem Drittland (ohne MRA) importiert und die QP gibt es frei, basierend allein auf dem CoA des Originalherstellers – ohne vollständige analytische Prüfung in der EU. Dies verstößt direkt gegen Art. 51 der Richtlinie.
Kritischer Befund 3: Fehlende oder unzureichende Quality Agreements.
Ein CMO wird genutzt, aber der Quality/Technical Agreement ist vage, definiert die Verantwortlichkeiten der QP nicht oder legt nicht fest, wie Abweichungen und Change Controls gehandhabt werden sollen.
Audit Readiness: Management des Imports aus Drittländern (Extra-EU)
Der Import ist eine Tätigkeit mit sehr hohem Risiko. Die QP des Importeurs ist die zentrale Figur, die eine Charge „europäisiert“.
Das obligatorische Re-Testing (Art. 51)
Mit wenigen Ausnahmen muss die QP sicherstellen, dass jede Charge aus einem Drittland (z. B. Indien, China) nach Ankunft in der EU:
- einer vollständigen qualitativen Analyse,
- einer quantitativen Analyse aller API,
- sowie allen weiteren in der Zulassung geforderten Tests
unterzogen wird.
Das CoA des Herstellers allein reicht nicht aus.
Die Ausnahme: Mutual Recognition Agreements (MRA)
Mit einigen Ländern hat die EU MRA-Abkommen (z. B. USA, Schweiz, Kanada, Australien).
Kommt ein Produkt aus einem MRA-Land und aus einem genehmigten Standort, kann die QP auf das Re-Testing verzichten, sofern gleichwertige Dokumentation vorliegt (z. B. Batch Certificate der US-Quality Unit).
Die QP muss die Dokumentation dennoch vollständig prüfen.
API, FMD und „Written Confirmation“
Für APIs schreibt die Falsified Medicines Directive (FMD) eine Written Confirmation der Gesundheitsbehörde des exportierenden Landes vor, die bestätigt, dass die API-Herstellung GMP-Standards entspricht.
Die QP muss sicherstellen, dass dieses Dokument für jeden API-Lieferanten außerhalb der EU vorliegt.
Audit Readiness: Outsourcing (CMO und externe Labore)
Wenn Produktion oder Analytik ausgelagert wird, verringert sich die Verantwortung der QP nicht.
Quality Agreement
Das zentrale rechtlich-technische Dokument (gemäß GMP Kapitel 7 und Annex 16).
Die QP muss sicherstellen, dass es klar definiert:
- die Verantwortlichkeiten jeder Partei,
- die Handhabung von Abweichungen, OOS und Change Control,
- die Pflicht des CMO, die QP über kritische Ereignisse sofort zu informieren,
- das Auditrecht des Auftraggebers und der QP.
„QP Confirmation“ (Annex 16, 1.4)
Wenn die Lieferkette mehrere EU-Standorte umfasst (z. B. Bulk in Standort A, Verpackung in Standort B), muss die finale QP nicht alles neu prüfen.
Die QP von Standort A kann eine QP Confirmation ausstellen, die bestätigt, dass ihr Prozessschritt GMP-konform ist.
Die finale QP (Standort B) kann rechtlich darauf aufbauen.
Typischer Fehler vs. Korrekturmaßnahme (Outsourcing)
Fehler:
Die QP gibt eine Charge eines CMO frei, basierend nur auf dem finalen CoA, ohne den BMR oder die beim CMO aufgetretenen Abweichungen geprüft zu haben.
Korrektur:
Das Quality Agreement muss vorschreiben, dass der CMO ein vollständiges „Freigabepaket“ liefert (inkl. QP Confirmation und Abweichungsberichte).
Die interne QP darf den Batch erst zertifizieren, wenn das Paket vollständig geprüft und genehmigt ist.
Neue Herausforderungen: ATMP, Digitalisierung und KI
Die Zukunft der QP wird komplexer und erfordert Audit Readiness in neuen Bereichen:
ATMP (Advanced Therapy Medicinal Products):
Bei autologen Produkten (z. B. CAR-T) ist die Lieferkette patientenspezifisch.
Die QP muss eine lückenlose Chain of Custody und Chain of Identity sicherstellen.
Digitalisierung (Remote QP Certification):
Remote-Freigaben sind nur zulässig, wenn das Unternehmen validierte (Annex 11) digitale Systeme nutzt, die der QP vollständigen Zugriff auf alle Daten ermöglichen (eBMR, LIMS, Audit Trails).
Künstliche Intelligenz (KI):
Mit KI-gestützten Qualitätsprozessen wird der Inspektor fragen:
„Wie wurde dieses KI-Modell validiert? Wie stellt die QP sicher, dass die Empfehlungen zuverlässig sind?“
Die QP wird zunehmend auch zum „Validator“ von Machine-Learning-Systemen.
Fazit: Die QP als globaler Vertrauensanker
In einer globalisierten Lieferkette kann die QP nicht überall sein – aber ihre Verantwortung ist es.
Um audit-ready zu bleiben, muss sie ein System der strukturierten Kontrolle aufbauen: strenge Audits, robuste Quality Agreements, Re-Testing (wo gefordert) und intelligente Nutzung digitaler Tools zur Überwachung der gesamten Lieferkette.
Für detaillierte Unterstützung bei Quality Agreements, Drittland-Importen, Interpretation der MRA-Regeln und Vorbereitung auf komplexe Inspektionen ist der „Vollständige Leitfaden zur Rolle der Qualified Person (QP)“ von GuideGxP.com das unverzichtbare Nachschlagewerk.
