Abteilungsmanagement GMP: Datenintegrität, BPR und Validierung

Praktischer GMP-Leitfaden: Data Integrity (ALCOA+) und Prozessvalidierung

Die tägliche Herausforderung des Manufacturing Managers

Für einen pharmazeutischen Manufacturing Manager besteht der Arbeitsalltag aus einem ständigen Balanceakt zwischen Produktionseffizienz und strenger regulatorischer Compliance. Zwei Grundpfeiler halten dieses Gleichgewicht aufrecht: eine makellose Dokumentation (Data Integrity) und robuste, validierte Prozesse (Prozessvalidierung).

Ein GMP-konformer Produktionsbereich bedeutet, dass jede kritische Tätigkeit prozedural beschrieben, korrekt ausgeführt, vollständig und wahrheitsgetreu dokumentiert ist – und dass der gesamte Prozess zuvor validiert wurde. Dieser praktische Leitfaden zeigt Schritt für Schritt, wie man Dokumentation und Validierungs-Lebenszyklus im Produktionsalltag beherrscht.


Phase 1: Dokumentation beherrschen (BPR & ALCOA+)

Der GMP-Grundsatz „Was nicht dokumentiert ist, ist nicht passiert“ ist Gesetz. Produktionsdokumentation ist der rechtliche Nachweis, dass ein Batch spezifikationskonform hergestellt wurde.

Die Dokumentenhierarchie

  • Master Batch Record (MBR): Die genehmigte „Master-Rezeptur“ mit Parametern, Spezifikationen und Anweisungen.
  • Batch Production Record (BPR): Kontrollierte Kopie des MBR, die während der Herstellung ausgefüllt wird – das „Logbuch“ des Batches.
  • Logbücher: Aufzeichnungen zu Geräten (Reinigung, Nutzung, Wartung) und Räumen (Temperatur, Druck).
  • SOPs: Detaillierte Arbeitsanweisungen für jede Tätigkeit.


Schritt 1.1: Sicherstellung der Data Integrity (ALCOA+)

Die Herausforderung ist nicht nur „zu schreiben“, sondern korrekt zu schreiben. Behörden wie FDA, EMA oder BfArM prüfen Data Integrity kompromisslos.

Die ALCOA+-Prinzipien:

  • Attributable (Zuordenbar): Wer hat was getan? (Initialen/Unterschrift + Datum).
  • Legible (Lesbar): Klare Schrift, dokumentenechte Tinte – keine Bleistifte.
  • Contemporaneous (Zeitgleich): Eintrag zum Zeitpunkt der Tätigkeit, nicht später.
  • Original (Original): BPR und Logbücher sind Originalaufzeichnungen.
  • Accurate (Genau): Korrekte Daten, korrekte Geräte (z.B. kalibrierte Waagen).

Plus (ALCOA+):

  • Complete: Keine leeren Felder.
  • Consistent: Daten stimmen untereinander überein.
  • Enduring: Dauerhafte Aufbewahrung, kein Verlust.
  • Available: Jederzeit für Inspektionen verfügbar.

Typische Data-Integrity-Fehler (und warum sie kritisch sind)

  • Backdating: Rückdatieren – gilt als Dokumentenfälschung.
  • Korrekturen mit Tipp-Ex: Verboten. Standard-GMP: einmal durchstreichen, korrekt daneben schreiben, signieren & datieren.
  • Leere Felder: Müssen mit „N/A“ durchgestrichen und unterschrieben werden.
  • Zwischenzettel: Aufzeichnungen auf Handschuhen oder Notizzetteln → Originaldaten und unzulässig.

Schritt 1.2: Kritische BPR-Review (Vorprüfung durch Manufacturing)

Bevor QA den BPR prüft, sollte der Manufacturing Manager einen internen „Pre-Review“ durchführen. Das verhindert unnötige Abweichungen.

GMP-Best-Practice – BPR-Review-Checkliste:

  • Vollständigkeit aller Seiten & Nummerierung
  • Sämtliche Schritte signiert & datiert (inkl. Zweitunterschrift, wenn nötig)
  • Richtige Chargen der Rohstoffe dokumentiert
  • Kritische Parameter (Temp., Zeit, Druck) eingetragen & im Sollbereich
  • IPC-Ergebnisse vollständig & konform
  • Ausbeuteberechnung korrekt
  • Logbücher angehängt & zeitlich konsistent
  • Alle Abweichungen dokumentiert & Untersuchungsberichte beigefügt

Phase 2: Den Validierungs-Lebenszyklus steuern (VMP)

Kein Prozess darf laufen, bevor er nicht validiert ist.
Der Manufacturing Manager ist Owner von Equipment & Prozess – und damit Schlüsselakteur der Validierung.


Schritt 2.1: Qualifizierung von Anlagen (IQ/OQ/PQ)

1. Installation Qualification (IQ):
Überprüfung der Installation: Gerät korrekt aufgebaut, Materialien geeignet (z. B. 316L), Utility-Anschlüsse passen, Instrumente kalibriert.

2. Operational Qualification (OQ):
Funktionsprüfung ohne Produkt: Alarme, Geschwindigkeiten, Temperaturen, Sicherheitsfunktionen.

3. Performance Qualification (PQ):
Realitätsnahe Prüfung: i.d.R. 3 aufeinanderfolgende Chargen zeigen, dass die Anlage unter Routinebedingungen konsistent produzieren kann.


Schritt 2.2: Prozessvalidierung (PPQ)

Nachweis, dass der Herstellprozess selbst stabil ist.
Sampling intensiv (Anfang/Mitte/Ende), um Batch-Homogenität zu beweisen.


Schritt 2.3: Reinigungsvalidierung (Cleaning Validation)

Zentrale Maßnahme zur Vermeidung von Kreuzkontamination.

Der Manager unterstützt:

  • Definition des „Worst Case“ (am schwierigsten zu reinigen oder toxisch).
  • Aufsicht über die Reinigungszyklen (3 Wiederholungen).
  • Kontrolle der Swab- und Rinse-Probenahme durch geschultes Personal.

Was tun bei Validierungsfehlern?

Bei einem Fehlschlag (z. B. Kontamination im Media Fill, fehlgeschlagene Swab-Proben):

  1. Stoppen: Anlage oder Prozess sofort anhalten.
  2. Untersuchen: Abweichung eröffnen & Root-Cause-Analyse.
  3. CAPA: Maßnahme definieren und implementieren.
  4. Wiederholen: Re-Test oder Re-Validierung durchführen.

Fazit

Die operative Führung eines GMP-Produktionsbereichs basiert auf zwei Säulen:

  1. Integrität der Daten (ALCOA+)
  2. Robuste, validierte Prozesse

Der Manufacturing Manager stellt sicher, dass beide Grundpfeiler stabil sind – durch konsequente Schulung des Personals, akribische Dokumentation und präzise Steuerung der Validierungsaktivitäten.

Für detaillierte Checklisten (BPR-Review, Audit-Trail-Analyse, Inspektionsvorbereitung) findet sich alles in der Technischen Leitlinie für den Manufacturing Manager“ auf GuideGxP.com.

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