Wie man ein GDP-Qualitätssystem implementiert: Praktischer Leitfaden

Praktischer Leitfaden zur Implementierung eines GDP-Qualitätssystems (QMS)

Von der Norm zur operativen Praxis

Für eine Responsible Person (RP) im Bereich GDP bedeutet die Einhaltung der Leitlinien 2013/C 343/01 nicht, den Text auswendig zu kennen, sondern ein robustes, lebendiges und vollständig in den Tagesbetrieb integriertes Qualitätsmanagementsystem (QMS) aufzubauen, umzusetzen und zu pflegen.

Ein GDP-QMS ist kein Ordner voller Dokumente, der nur zu Inspektionszwecken hervorgeholt wird. Es ist das operative Zusammenspiel von Verfahren, Verantwortlichkeiten und Risikomanagementprinzipien, das aktiv sicherstellt, dass Arzneimittel nicht beeinträchtigt werden. Wo beginnt man? Dieser praktische Leitfaden beschreibt die vier operativen Säulen, die jede RP aufbauen muss.


Phase 1: Fundament legen (Qualitätshandbuch und wesentliche SOPs)

Der erste Schritt ist die Struktur. Das GDP-QMS basiert auf einer pyramidenförmigen Dokumentation:

  • GDP-Qualitätshandbuch: Das zentrale Dokument, das die Qualitätspolitik, das Organigramm (mit klarer Rolle der RP), die Verantwortlichkeiten und die Grundstruktur beschreibt.

  • Standardarbeitsanweisungen (SOPs): Das Herzstück des QMS – detaillierte Arbeitsanweisungen.

Kein Arzneimittelgroßhändler darf ohne einen Mindestumfang an genehmigten SOPs arbeiten. Wesentliche SOPs umfassen:

  • SOP Dokumentenlenkung

  • SOP Schulung des Personals

  • SOP Wareneingang

  • SOP Lagerung und Warenbewegung

  • SOP Versand und Transport

  • SOP Qualifizierung von Lieferanten, Kunden und Transporteuren

  • SOP Abweichungsmanagement & CAPA

  • SOP Retourenmanagement

  • SOP Beschwerdemanagement

  • SOP Produktrückruf (Recall)

  • SOP Umgang mit verdächtigen/falsifizierten Arzneimitteln

  • SOP Selbstinspektionen (Interne Audits)


Phase 2: Qualifizierung der Supply Chain (Lieferanten, Kunden, Transporteuren)

Die RP ist nicht nur für den eigenen Betrieb verantwortlich, sondern für die gesamte Lieferkette.

Schritt 1: Lieferantenqualifizierung

  • Aktion: Vor dem Einkauf eine gültige Großhandelserlaubnis oder Herstellungserlaubnis anfordern.

  • Verifizierung: Kontrolle über EudraGMDP (nicht verhandelbar).

  • Monitoring: Genehmigte Liste pflegen und regelmäßig neu bewerten.

Schritt 2: Kundenqualifizierung

  • Aktion: Sicherstellen, dass Kunden (Apotheken, Krankenhäuser, Großhändler) gesetzlich zur Entgegennahme von Arzneimitteln berechtigt sind.

  • Verifizierung: Über nationale Register prüfen.

  • Best Practice: Ungewöhnliche oder verdächtige Bestellungen überwachen (Fälschungsschutz).

Schritt 3: Transporteurqualifizierung (Outsourcing – Hochrisikobereich)

  • Aktion: Transporteur nie nur nach Preis auswählen; GDP-Kompetenz muss nachgewiesen sein.

  • Verifizierung: Audit oder detaillierter Qualifizierungsfragebogen.

  • Quality Agreement: Klare Definition der Verantwortlichkeiten (Temperaturmonitoring, Abweichungsmanagement, Lieferzeiten usw.).


Phase 3: Logistik & Kühlkette ("Cold Chain") sicher steuern

Der Kern des operativen GDP-Systems: Sicherstellen, dass Arzneimittel während Lagerung und Transport geschützt sind.

Lagerung

  • Anforderungen: Saubere, sichere, geeignete Räumlichkeiten.

  • Thermische Kartierung (Mapping): Notwendig für 15–25°C Bereiche und 2–8°C Kühlräume.

  • Monitoring: 24/7-Temperaturüberwachung mit Alarmfunktion für RP oder Stellvertreter.

Transport (Cold Chain – größter Risikofaktor)

  • Anforderungen: Einhaltung der Lagerbedingungen während des Transports.

  • Validierung von Verpackungen: Passive Kühlsysteme (z. B. Gelpacks) müssen validiert werden.

  • Data Logger: Best Practice bei kritischen oder langen Transportwegen.

  • Notfallmanagement: SOP muss klare Vorgehensweisen bei Ausfällen definieren.


Phase 4: Krisenmanagement (Rückrufe & Fälschungen)

Produktrückruf (Recall)

  • Stop: Sofortige Quarantäne des betroffenen Bestands.

  • Rückverfolgbarkeit: Liste aller belieferten Kunden ermitteln.

  • Kommunikation: Recall-Meldung (genehmigt durch AIFA/MAH) versenden.

  • Reconciliation: Rückmeldungen und zurückerhaltene Mengen dokumentieren und Behördenbericht erstellen.

Tipp für RP: Rückrufverfahren jährlich testen – GDP verlangt dies ausdrücklich.

Verdacht auf Fälschungen

  • Sofortige Maßnahmen: Quarantäne, Meldung an AIFA, Dokumentation.


Kompakte operative Checklist (Selbstbewertung RP)

[ ] Alle wesentlichen SOPs genehmigt, aktuell und verteilt
[ ] Liste der qualifizierten Lieferanten mit gültigen Genehmigungen
[ ] Quality Agreements mit allen kritischen Transporteuren
[ ] Thermisches Mapping für alle Lagerbereiche validiert
[ ] 24/7 Temperaturalarmsystem getestet und funktionsfähig
[ ] Validierungsberichte für verwendete Kühlverpackungen
[ ] Alle Temperaturabweichungen bearbeitet & CAPA umgesetzt
[ ] Vollständiges Retourenregister vorhanden
[ ] Rückrufsimulation innerhalb der letzten 12 Monate durchgeführt


Fazit

Die Implementierung eines GDP-QMS ist ein methodischer Prozess, der regulatorische Anforderungen in kontrollierte operative Maßnahmen übersetzt. Die Responsible Person ist die zentrale Figur dieses Systems – sie steuert Prozesse, Partnerqualifizierung und logistische Validierungen, um eine sichere Lieferkette zu gewährleisten.

Für vertiefende SOPs, vorgefertigte Templates und detaillierte Audit-Checklisten empfiehlt sich der Leitfaden Vollständiger Guide zur Guten Vertriebspraxis (GDP) auf GuideGxP.com.

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